- Red’ ma’ drüber!

Medizin ist nicht von den Debatten rund um Sexualität wegzudenken. Viele Wissenschaftler*innen, so auch der weltberühmte Doktor Sigmund Freud, beschäftigten sich mit ihr. Er unterschrieb zwar in den dreißiger Jahren eine Petition, auch genannt die Eckstein- Petition, welche sich für eine Dekriminalisierung von Homosexualität einsetzte, dennoch waren seine Überlegungen zu Homosexualität durchaus ambivalent. Einerseits sah er Homosexualität als eine Variation der Begierde an, andererseits sah er die, mittlerweile widerlegte, „Schuld“ an homosexuellen Neigungen beim Verhalten der Eltern. Auch wenn Homosexualität von der Liste der Krankheiten gestrichen wurde, gibt es bis heute verschiedenste Gruppierungen, welche der Meinung sind, sei sie religiöser oder pseudo-wissenschaftlicher Natur, man könnte Homosexualität “heilen”. Diese sogenannte Konversionstherapie, bei der queere Menschen heterosexuell und cisgeschlechtlich gemacht werden sollen, hinterlassen meistens schwere psychische Folge für die Personen, die diese durchliefen. Meistens handelt es sich hierbei um Jugendliche, die von ihren Eltern dazu gezwungen wurden. Es ist mittlerweile bewiesen, dass diese Form von Therapie keine Wirkung zeigt. Betroffene sprechen von menschenunwürdigen Erfahrungen, in denen sie in ihrer Begierde und ihrer Existenz negiert wurden. Obwohl es seit der Expert*innen- Regierung politische Bestrebungen gab, Konversionstherapie zu verbieten, ist diese de facto in Österreich immernoch erlaubt.

Ähnlich verhält es sich auch mit trans Personen, diese müssen, bevor es zu einer standesamtlichen Geschlechts- und Namensänderung kommen kann, sich rigorosen psychologischen Gutachten unterziehen, bevor der Staat es ihnen ermöglicht, auch rechtlich in ihrer Geschlechtsidentität anerkannt zu werden. Dieses Prozedere soll dem vermeintlichen Schutz von trans Personen dienen, spricht ihnen jedoch jede Form von Selbstbestimmung ab und setzt sie der Pathologisierung durch Psycholog*innen, Psychiater*innen und Therapeut*innen aus. 

Gleichzeitig ist nicht nur die Psychologie ein Faktor, wenn es um die Kontrolle von Queerness geht, sondern auch die Humanmedizin. Die Medizin nimmt bei intersexuellen Neugeborenen sofort eine Operation vor, die sie dem einen oder anderen binären Geschlecht zuordenbar machen. Für intersexuelle Personen ist dies eine Einschränkung in ihrer Körperlichkeit, gegen die sie als Kinder sich nicht wehren konnten und kämpfen deshalb noch heute um ein Selbstbestimmungsrecht und ein Verbot gezwungener geschlechtlicher Operationen.  

 

Die Humanmedizin hat in der Geschichte queere Lebensweisen als Ursache erklärt, wenn es um die Verbreitung von Krankheiten ging. So auch in den 80ern und 90er Jahren. Politik und Medizin haben den Kampf gegen AIDS vollständig ignoriert. So auch in Österreich. 1983 gab es in Österreich die erste Meldung von AIDS Toten. Die Kampagnen für Aufklärung und einen menschenwürdigen Umgang mit Infizierten waren meistens aus privater Initiative geführt und oft mit Widerstand von Kirche und Politik konfrontiert. 1987 gab es vom ÖAH in Kooperation mit der HOSI eine HIV/AIDS-  Infoveranstaltung, sowie eine Broschüre, welche an homosexuelle und bisexuelle Männer gerichtet war. Im Jahr 2009 war die offizielle Zahl an Personen, welche an AIDS gestorben sind, in Österreich ungefähr bei 1500. Jedoch ist von viel höheren Dunkelziffern auszugehen. Die AIDS- Pandemie hat dafür gesorgt, dass fast eine ganze Generation an queeren Menschen, besonders homo- und bisexuelle Männer sowie trans Frauen, starb. Mittlerweile ist die HIV-Therapie jedoch so gut fortgeschritten, dass bei regelmäßiger Einnahme von Medikamenten das Virus nicht mehr im Blut nachweisbar ist und somit auch nicht übertragen werden kann. Bekannt dafür ist der Slogan “Undetectable = Untransmittable”. Einen weiteren medizinischen Kampf stellt das Recht auf Blutspende dar. Homosexuelle Männer sowie trans Personen waren lange von der Blutspende ausgeschlossen. Ein neues Gesetz sieht jetzt vor, dass alle Personen ganz gleich ihrer sexuellen Orientierung, welche mehr als 3 Sexualpartner*innen in den letzten 3 Monaten, nicht Blut spenden können werden. Obwohl es de facto eine inklusivere Version ist, bringt dies neue Probleme mit sich und zeugt davon, wie nicht-monogame Beziehungen, beziehungsweise promiskuöse Lebensweisen negativ konnotiert sind, beziehungsweise mit Krankheit assoziiert, werden.