- Queer und hier

Im Film ist eine der ersten aufgezeichneten queeren Protestaktionen in der Öffentlichkeit zu sehen: das sogenannte Pfingsttreffen oder “Gay Walk” am Ring in Wien 1977. Organisiert wurde es von der Gruppe CO (Coming Out), die mit anderen schwulen Gruppen aus mehreren deutschsprachigen Städten vernetzt war, wo dieses Zeichen schon seit mehreren Jahren zu Pfingsten gesetzt wurde. Die Wiener Gruppe fand auch internationale Unterstützung von einigen schwulen Männern, die extra für diese Aktion angereist waren. Ein Phänomen, das bis heute noch fortbesteht: Paraden-Tourismus. Um die Teilnahme an mehreren Paraden zu ermöglichen, koordinieren sich viele Städte und veranstalten die Paraden an unterschiedlichen Wochenenden und viele Menschen der Community reisen in eine andere Stadt, um auch dort an der Pride teilzunehmen. In manchen Ländern und Städten erhält die lokale Community auch Unterstützung von außen, da die gesellschaftliche Akzeptanz vor Ort noch immer fehlt oder extreme rechte, nationale und klerikale Gruppen Gegendemonstrationen zur Pride organisieren. 

 

So auch in Österreich: Hier gibt es jährlich am Wochenende der Pride auch eine Demonstration von katholischen und rechtsnationalen Extremist*innen, um ein reaktionäres Familienbild zu propagieren und Sexualität weiter zu tabuisieren. Um diese Stimmen nicht unkommentiert zu lassen, gibt es auch gezielt dagegen eine Gegen-Gegen-Demonstration.

 

In der Vergangenheit gab es immer wieder Protestaktionen, um unsere Rechte einzufordern.

Zum Beispiel stürmten zwei nackte Männer (Florian Sommer und Robert Herz) die Bühne des Neujahrskonzert 1982 mit einem Banner in Anlehnung an den rosa Winkel mit der Aufschrift: Menschenrechte für Schwule. In diesem Jahr wird auch der Rosa Wirbel das erste Mal mit der Verbreitung von Flugblättern aktiv. Mit Aktionismus macht die Gruppe rund um Kurt Krickler in den nächste Jahrzehnten auf die rechtliche und gesellschaftliche Diskriminierung von Homosexuellen aufmerksam. So werfen sie 1988 Flugzettel vom Balkon des Parlaments, rufen Parolen und küssen sich demonstrativ. Am Welt-AIDS-Tag des selben Jahres besetzen sie noch das Büro der damaligen ÖVP-Familienministerin.

 

Ab Mitte der 1990er finden immer mehr öffentliche politische Aktionen von bzw. mit trans* Aktivist*innen statt: Am Michaelerplatz wird eine regelmäßige Aktion zur Sichtbarmachung von Schwulen, Lesben und trans* Personen organisiert.

Auch in den letzen Jahren gab es Anlass für die Community, sich gegen reaktionäre Stimmen zu wehren. Zum Beispiel wurde bekannt, dass der Betreiber des Café Prückl es nicht duldete, dass sich Lesben in seinem Lokal küssten. Der Vorfall wurde schnell zu einem Skandal und mithilfe der Verbreitung über Social Media konnte eine Protestaktion organisiert werden – ein sogenanntes Kiss-In – wo sich mehrere Personen treffen wollten, um sich im Lokal zu küssen. Doch auch die Betreiber des Cafés haben schnell von der Aktion Wind bekommen und legten einen Ruhetag ein, um diese zu verhindern. Das Kiss-In wurde zu einer Demonstration mit über 2000 Teilnehmenden und zeigt auf, dass spontane Auflehnung gegen Homophobie auch heute noch zustande kommt und wie sich die Form der Proteste verändert haben. Ein generell geltendes Diskriminierungsverbot im Dienstleistungssektor (levelling up), das Kund*innen davor schützen würde, dass ihnen der Service aus homophoben Gründen verboten werden könnte, wurde bis heute nicht durchgesetzt.